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Ukraine: Russische Nachrichtenseite erklärt versehentlich Putins Großmachtsphantasien

Ein nur kurz, vielleicht sogar versehentlich online gestellter Artikel auf ria.ru zeigt, worum es Putin mit der Ukraine geht

This article is also available in English: „Ukraine: Russian news site describes Putin’s fantasies of the Greater Russian Empire“

Die russische Propagandamaschine muss sich nicht warmlaufen, sie rennt. Manchmal ist sie sogar ein bisschen voreilig.

ria.ru hat am gestrigen Samstag bereits eine Art Jubelartikel für den Sieg über die Ukraine online gestellt. Voreilig. Zu früh. Nur ganz kurz. Doch lang genug, damit er bei archive.org archiviert wird.

Liest man den Artikel, dann wird die Gesamtheit dessen sichtbar, worum es Putin bei diesem Krieg in der Ukraine geht: die Wiederherstellung des Großrussischen Reichs. Alle anderen Dinge, NATO, die Hinwendung der Ukraine zum Westen, nationale Sicherheit, alles das ist vorgeschoben, nur der „zweitwichtigste“ Grund. Es geht um die Überwindung des russischen Teilungskomplexes.

Ein Auszug? Gerne! Ein Auszug mit maschineller Übersetzung durch Deepl.

Russland ist dabei, seine Einheit wiederherzustellen – die Tragödie von 1991, diese schreckliche Katastrophe unserer Geschichte, ihre unnatürliche Zerrissenheit, ist überwunden. Ja, zu hohen Kosten, ja, durch die tragischen Ereignisse des aktuellen Bürgerkriegs, denn jetzt gibt es immer noch Brüder, die aufeinander schießen, getrennt durch die Zugehörigkeit zur russischen und ukrainischen Armee – aber es wird keine Ukraine als Anti-Russland mehr geben. Russland stellt seine historische Ganzheit wieder her, indem es die russische Welt, das russische Volk in seiner Gesamtheit aus Großrussen, Weißrussen und Kleinrussen zusammenführt. Würden wir dies aufgeben, würden wir zulassen, dass sich die vorübergehende Teilung über Jahrhunderte hinzieht, würden wir nicht nur das Andenken unserer Vorfahren verraten, sondern auch von unseren Nachkommen dafür verdammt werden, dass wir den Zerfall des russischen Landes zugelassen haben.

Wladimir Putin hat – ohne jede Übertreibung – eine historische Verantwortung übernommen, indem er sich dafür entschieden hat, die ukrainische Frage nicht den kommenden Generationen zu überlassen. Schließlich würde die Notwendigkeit, dieses Problem zu lösen, für Russland immer ein großes Problem bleiben, und zwar aus zwei wesentlichen Gründen. Und die Frage der nationalen Sicherheit, d.h. die Ukraine zu einem Antirussland und einem Vorposten für den Druck des Westens auf uns zu machen, ist nur die zweitwichtigste unter ihnen.

Der erste wäre immer der Komplex einer geteilten Nation, der Komplex der nationalen Demütigung – als das russische Haus zunächst einen Teil seiner Grundlage (Kiew) verlor und sich dann mit der Existenz zweier Staaten, die nicht mehr ein, sondern zwei Völker waren, abfinden musste. Das heißt, entweder ihre Geschichte aufzugeben und den verrückten Versionen zuzustimmen, dass „nur die Ukraine das wahre Russland ist“, oder hilflos mit den Zähnen zu knirschen und sich an die Zeiten zu erinnern, als „wir die Ukraine verloren haben“. Die Rückführung der Ukraine, d.h. die Rückgabe an Russland, würde mit jedem Jahrzehnt schwieriger werden – die Umcodierung, die Derussifizierung der Russen und die Einstellung gegen russische Kleinrussen-Ukrainer würden an Dynamik gewinnen. Und wenn sich die vollständige geopolitische und militärische Kontrolle der Ukraine durch den Westen verfestigt, wird ihre Rückkehr zu Russland unmöglich – sie würde sich im Krieg mit dem atlantischen Block befinden.

Jetzt ist dieses Problem weg – die Ukraine ist nach Russland zurückgekehrt. Das bedeutet nicht, dass seine Staatlichkeit aufgelöst wird, aber er wird reorganisiert, wiederhergestellt und in seinen natürlichen Zustand eines Teils der russischen Welt zurückgeführt. An welchen Grenzen, in welcher Form wird das Bündnis mit Russland fixiert (über die OVKS und die Eurasische Union oder den Unionsstaat Russland und Weißrussland )? Dies wird entschieden, nachdem das Ende der Ukraine als Anti-Russland in die Geschichte eingegangen ist. Auf jeden Fall geht die Zeit der Spaltung des russischen Volkes zu Ende.

https://web.archive.org/web/20220226051154/https://ria.ru/20220226/rossiya-1775162336.html – übersetzt mit deepl.com

Die „Tragödie von 1991“ meint den Zerfall der Sowjetunion und die Unabhängigkeit der Ukraine, dieser Krieg ist nur ein Bürgerkrieg, in den sich der Westen nicht einmischen soll?

Alle, die Putin die Stange halten, weil er sein Land ja ach so von der NATO umzingelt sieht, sollten diese Worte im Hinterkopf behalten. Putin wird nicht aufhören, bis Großrussen, Weißrussen und Kleinrussen vereinigt sind. Denn ja, es ist ein Kommentar in einem Medium. Aber ja, er trifft ziemlich genau das, was Putinkenner schon länger sagen.

Der Artikel ist nicht online auf ria.ru, er ist über archive.org abrufbar, Version vom 26.02.2022 08:00 Uhr, aktualisiert 08:01 Uhr.

Der Verfasser Petr Akopow spricht im Übrigen „von der verzerrten Sichtweise amerikanischer Eliten“ und davon, „dass Putins neue Präsidentschaft eine Zeit der Veränderung sein wird, deren Dimension alles übertreffen wird, was er bisher getan hat“.

Was ist RIA?

RIA Novosti war eine der größten staatlichen Nachrichtenagenturen in Russland und der früheren Sowjetunion. Sie ging 1961 aus dem Sowjetischen Informationsbüro hervor und hatte ihren Sitz in Moskau. Ab Ende 2013 wurde RIA Novosti im Zuge einer dreimonatigen Umstrukturierung neben dem Auslandshörfunk Stimme Russlands in das neue Staatsunternehmen Rossija Sewodnja überführt.

Die ehemalige deutsche Website von RIA leitet seit Ende 2014 auf das neugegründete Nachrichtenportal Sputnik weiter. Die russische Website ist weiterhin unter eigenem Namen aktiv.

Update 28.02.2022 10:30 Uhr

Der Artikel wurde von einem russischen OSINT-Account auf Twitter gepostet – für alle, die nicht glauben, dass er tatsächlich online war.

Sein Tweettext mit Deepl übersetzt:

„Wladimir Putin hat – ohne Übertreibung – eine historische Verantwortung übernommen, indem er beschlossen hat, die Lösung der ukrainischen Frage nicht künftigen Generationen zu überlassen.

DIE LÖSUNG DER UKRAINISCHEN FRAGE.

Kolumne auf RIA. Ich scherze nicht.

Der dort gepostete Link
https://ria.ru/20220226/rossiya-1775162336.html
stimmt mit dem auf Archive.org archivierten
https://web.archive.org/web/20220226051154/https://ria.ru/20220226/rossiya-1775162336.html
überein.